Sabrina Eckert aus Kissing startet bei den Europameisterschaften der Gehörlosen. Die 22-Jährige freut sich auch über eine besondere Einladung.
Die Liste der Erfolge von Sabrina Eckert, der 22 Jahre alten Schützin aus Kissing, ist lang. Sie war schon Bundesschützenkönigin, deutsche Mannschaftsmeisterin mit dem GSV München, startete 2016 bei den Gehörlosen-Weltmeisterschaften, ist Mitglied der deutschen Gehörlosen-Nationalmannschaft und durfte im Jahr 2017 auch bei den Deaflympics, den Olympischen Spielen der Gehörlosen, im türkischen Samsun an den Schießstand gehen. Und in nicht allzu ferner Zukunft – genauer vom 12. bis 23. September dieses Jahres – steht ihr der nächste Auftritt bei einem internationalen Großereignis bevor. Sabrina Eckert hat sich nämlich für die Gehörlosen-Europameisterschaft in Moskau qualifiziert.
Die Qualifikation für die EM gelang ihr bei deutschen Gehörlosen-Meisterschaften in Fürth. „Ich konnte aus Studiengründen nicht bei der ,Isch’, der International Shooting Competition, bei der auch Hörende und Körperbehinderte schießen, an den Start gehen – und musste so auf die deutschen Meisterschaften bauen“, erzählt die Kissingerin. Das Studium – die 22-Jährige studiert an der Hochschule in Augsburg energieeffizientes Planen und Bauen – genießt deutlich den Vorrang vor dem Schießen, stellt Sabrina Eckert klar. „Es standen zwei wichtige Prüfungen an und die musste ich machen“, erklärt sie, denn sie möchte ja nach dem Bachelor auch noch den Master machen.
Mit dem Luftgewehr gut in Form
Die drei Tage in Fürth, an denen die Qualifikation lief, waren anstrengend. „Die Anforderungen werden immer höher“, erläutert die Kissingerin, die aber in zwei Disziplinen die geforderten Hürden genommen hat. „Mit dem Luftgewehr bin ich grad gut in Form, da hab ich der vergangenen Saison immer so um die 393, 394 Ringe im Wettkampf geschossen und war auch bei der Quali mit 611 Ringen am Ende zweitbeste Luftgewehrschützin“, erzählt sie.
Zudem ging sie in Fürth auch mit dem Kleinkalibergewehr an den Schießstand und qualifizierte sich in der Disziplin liegend für die EM. Hauchdünn zwar, aber es reichte. Im Dreistellungskampf – also stehend, kniend, liegend – fehlten ihr am Ende drei Ringe, um auch hier bei der EM starten zu können.
Kleinkaliber ist "eine ganz andere Sportart""
Dabei ist Sabrina Eckert, die erst mit 16 Jahren so richtig mit dem Schießen begonnen hat, noch gar nicht so lange auch in dieser Waffengattung unterwegs. „Ich schieße seit zwei Jahren Kleinkaliber und das ist eine ganz andere Sportart als das Luftgewehrschießen. Die Waffe ist deutlich schwerer, das Kaliber größer, der Rückschlag stärker und die Entfernung weiter – da schießt man nämlich auf 50 Meter Distanz“, erklärt sie.
Nicht nur das reine Schießen habe es in sich, auch die Kontrollen vor dem Wettkampf werden immer strenger. „Da lautet das Motto dann oft hoffen, beten, flehen“, erzählt die Kissingerin mit einem Schmunzeln. „Da wird auf alles Mögliche geschaut: Die Waffe muss in Ordnung sein, die Jacke darf nur eine bestimmte Steifigkeit haben, die Knöpfe müssen sich zehn Zentimeter überlappen lassen, die Hose darf nicht zu lang und auch die Schuhe dürfen nicht zu steif sein“, führt sie auf.
Sabrina Eckert darf nun im September mit der deutschen Nationalmannschaft der Gehörlosen zur EM nach Moskau fahren und muss vorher noch zwei Trainingslager im Juli und August in München und Traunstein absolvieren. In Moskau geht sie dann mit dem Luftgewehr und dem Kleinkaliber liegend an den Start und zudem in einem neuen Wettbewerb: Luftgewehr-Mixed. „Wir fahren als Mannschaft hin, aber schießen tut jeder letztlich für sich allein“, erklärt Sabrina Eckert. Die 22-Jährige hat sich für die EM auch ein hohes Ziel gesetzt: „Ich will mit dem Luftgewehr unbedingt das Finale der letzten Acht erreichen, das ist mir bei einem internationalen Wettbewerb bislang noch nicht gelungen“, führte sie aus. Sollte der Finaleinzug gelingen, wäre alles möglich. „Dort wird alles wieder auf Null gestellt, dann gibt’s zweimal fünf Schuss und danach immer zwei Schuss – und der Schlechteste fliegt raus“, erklärt sie den Modus.
Haustier Chilli ist eine Kornnatter
Die Form der Kissingerin scheint jedenfalls zu passen und seit der Saison 2018 schießt sie auch nicht mehr für Gunzenlee Kissing, sondern in Niederlauterbach. „Dort schoss ich bei der zweiten Mannschaft, die jetzt in die 2. Bundesliga aufgestiegen ist, und ich habe auch schon Einsätze in der ,Ersten‘ in der 1. Bundesliga“, sagt sie. Der Aufwand ist groß, die Fahrten zu den Wettkämpfen gehen jetzt durch ganz Süddeutschland, doch der Sport ist beileibe nicht alles für die Kissingerin. Das Studium gehe in jedem Fall vor und noch etwas nimmt – neben ihrem Freund Christian – einen wichtigen Platz in ihrem Leben ein: ihr Haustier. Und auch „Chilli“ ist eine Besonderheit, denn Chilli ist eine gut 1,20 Meter lange amerikanische Kornnatter, die sich in einem großen Terrarium in ihrem Zimmer aufhält. „Die Schlange habe ich jetzt seit zehn Jahren, sie gefällt mir und ich wollte sie damals unbedingt haben“, erzählt sie und lächelt dabei.
Bevor es nun aber zu den Lehrgängen der Nationalmannschaft und schließlich zur EM geht, steht der jungen Schützin noch ein anderer, ganz besonderer Termin ins Haus: Sie wurde für den 13. Juli vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zur Verleihung des Bayerischen Sportpreises in die BMW-Welt nach München eingeladen. „Der Gehörlosen-Sportverband hat mich vorgeschlagen und nun bin ich ausgewählt worden – das ist eine tolle Sache“, meint sie nicht ohne Stolz. Die Einladung sei eine Würdigung für die Erfolge, die sie in den letzten Jahren gefeiert hatte. Und Sabrina Eckert weiß auch schon, wer sie dorthin begleiten wird: „Mein Papa Rudolf, der hat mich immer in allem unterstützt.“
Text und Foto: Peter Kleist, Originalartikel unter diesem Link